Montag, 17. März 2008

Literarische Wunder, ähm, Besonderheiten

Heute haben wir in der Schule eine Verfilmung von Lessing's Drama "Emilia Galotti" gesehen. Es war ein supermodernes Stück von, naja, 1978 oder so. Die Hauptdarsteller sahen allerdings aus, als wären sie zur Zeit der Jahrhundertwende geboren und hätten aktiv an beiden Kriegen teilgenommen. Emilia Galotti ist laut Buch ein wunderschönes, aber auch naives, junges Mädchen. Im Film wurde sie von einer, naja, weniger gut aussehenden Schauspielerin gespielt und am schlimmsten waren echt die Nahaufnahmen. Kurt Krömer würde dazu wohl sagen "Mensch Junge mach mir hier keinen Schrank auf, ich glaub das wird Tag!". Joa hätten wir das auch untergebracht. Aber ernsthaft jetzt. Je näher die Kamera kam, je tiefer wurden die Falten in ihrem Gesicht, bei denen man versucht hatte, sie durch 3 Meter dicke Make-Up Schichten verschwinden zu lassen, was allerdings nur bedingt geklappt hatte. Der Prinz, der in diese wunderschöne Kraterlandschaft Emilia Galotti verliebt war, war auch ein sehr, nun ja, interessanter Charakter. Wäre Emilia nicht frühzeitig aus dem Leben geschieden, hätten sie wohl zusammen das Königspaar der Übertreibung werden können. So schmiss sich der Prinz jedes Mal total wütend gegen eine Wand, oder aber auf den Boden, wenn er seinen Willen nicht bekam. Und das beste ist ja: Es wirkte natürlich total natürlich und nicht ein bisschen aufgesetzt oder gar übertrieben.
Eine Szene, die mir auch besonders gut gefallen hat, war kurz vorm Schluss. Emilia möchte sich mit dem Dolch des Vaters umbringen, der aber will das nicht und versucht sie davon abzuhalten. Im Buch entstand daraus eine kurze Diskussion à la "Och Papi, lass mich doch.", "Nein Emilia, das ist nicht tugendhaft." "Aber ich werde in einer großen Schmach leben müssen." "Na gut Kind, dann murks ich dich eben ab." Im Film allerdings rollten die beiden plötzlich auf dem Boden rum und gaben vor um den Dolch zu kämpfen. Generell kamen sich die Darsteller in dem Stück immer sehr nahe. Selten hatten die Gesichter der Darsteller einen Abstand von mehr als 5 cm. Nun ja, das lässt natürlich Spekulationen zu. Entweder die sexuelle Spannung zwischen den zweifellos wunderhübschen Menschen war einfach zu groß um auf Abstand zu gehen oder aber, das Mikro (wahrscheinlich noch aus der Vorkriegszeit) hatte keine große Reichweite und dann hatten sie auch noch so wenige, dass nur jeder zweite Darsteller eins haben durfte. Daraus folgt: Zusammenrücken meine Damen und Herren. Aber muss denn das sein? Da ist man doch schon allein als Zuschauer noch Jahrzehnte danach peinlich berührt.
Kommen wir nun zu einer zweiten literarischen Besonderheit des heutigen Schultages. Diese allerdings fand ich echt gut. Wie es den anderen gefallen hat, keine Ahnung. Zu Besuch waren heute Detlev Rose und Christian Georgi aus Berlin und beehrten uns mit ihrem Heinrich-Heine-Programm. Es wurde gesungen, rezitiert und musiziert. Es hatte wirklich was. Am besten war der trockene Humor der beiden, aber auch die Mimik von Detlev Rose, der hauptsächlich für das Rezitieren zuständig war. Das Programm ist wirklich zu empfehlen und entschädigte meinen Deutschkurs dafür, dass wir in den zwei Stunden vorher der wahnsinnigen Attraktivtät Emilia Galottis ausgesetzt waren.

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